Streit um
US-U-Boot
In Kuala
Lumpur wird der erste Schritt zur Schaffung einer Ostasiatischen
Gemeinschaft getan, doch China und Japan trauen einander nicht
über den Weg. Von Wolfgang Pomrehn
Am heutigen
Montag treffen sich in Malaysias Hauptstadt Kuala Lumpur die Staats-
und Regierungschefs der südostasiatischen Staatengemeinschaft
ASEAN (Association of South East Asian Nations) zur ihrem 11. Gipfel.
Eingeladen sind zugleich auch die Regierungsspitzen aus Indien,
Südkorea, Japan und China. Seit einigen Jahren nehmen sie
regelmäßig an den Gipfel teilen und suchen die Vertiefung
der wirtschaftlichen Kooperation. Erstmalig dabei sind in diesem Jahr
Rußland, Australien und Neuseeland.
Auf der
Tagesordnung der zehn ASEAN-Staaten (Brunei, Kambodscha, Laos, Vietnam,
Thailand, Myanmar (Burma), Malaysia, Singapur, die Philippinen und
Indonesien) stehen Themen wie die Förderung der noch sehr
schwachen wirtschaftlichen Integration, grenzüberschreitende
Luftverschmutzung auf der malaiischen Halbinsel durch Waldbrände
auf Sumatra, die Vogelgrippe und die Bekämpfung des islamistischen
Terrors. Ein besondere Bedeutung wird die Annahme einer ASEAN-Charta
haben. Bisher verfügt ASEAN über kein bindendes Regelwerk.
Außerdem wird man voraussichtlich ein Entwicklungsfonds
einrichten, mit denen das Bündnis erstmals eigene Mittel für
die Regionalförderung aufbringen will. Damit wäre zugleich
ein wichtiger Schritt zur Institutionalisierung der ASEAN getan, die zu
einer Gemeinschaft nach dem Vorbild der EU zusammenwachsen will.
Mit den
Gästen gilt es diverse Verträge zu unterschreiben: mit
Rußland einige Kooperationsabkommen, mit Südkorea und Indien
Freihandelsverträge. Mit China hat die ASEAN bereits ein
entsprechendes Abkommen unterschrieben, doch mit den anderen beiden
Kandidaten gestaltet sich das Vorhaben schwieriger. Bis zuletzt war
offen, ob zwischen der ASEAN und Südkorea auch die Zollmauern
für Reis fallen. Besonders Thailand besteht darauf, doch in
Südkorea könnte das viele Bauern in den Ruin treiben, weil
sie mit billigen Importen aus dem Süden nicht konkurrieren
können. Auch von Indien verlangt die ASEAN im Agrarbereich
weitgehenden Abbau der Zölle, doch Delhi möchte das Recht
behalten 20 Prozent seiner Agrarerzeugnisse als „sensibel“
zu deklarieren und weiter hinter Schutzmauern zu verstecken.
Zum
Abschluß des ASEAN-Gipfels wird es am Mittwoch den ersten
Ostasien-Gipfel geben. Der soll zu einer regelmäßigen
Einrichtungen werden und schließlich zu einer Freihandelszone
führen, die die Hälfte der Menschheit einschließen
würde. An ihm werden neben den zehn ASEAN-Staaten China,
Südkorea, Japan, Indien, Australien und Neuseeland teilnehmen.
Rußlands Präsident Vladimir Putin ist als Gast geladen.
Im Vorfeld
dieses Gipfels hatte es um den Teilnehmerkreis diplomatische Rangeleien
gegeben. China, Japan und Südkorea kooperieren bereits seit 1997
mit dem Staatenbündnis und haben ihre Zusammenarbeit längst
als ASEAN plus 3 institutionalisiert. Insbesondere Japans
Präsident Junichiro Koizumi hat frühzeitig auf die
Erweiterung gedrängt und dabei keinen Hehl daraus gemacht,
daß er insbesondere in Australien, das fest mit den USA verbunden
ist, einen engen Verbündeten sieht. In China hätte man es
lieber gesehen, zunächst die existierenden Strukturen zu
vertiefen. Das Verhältnis zwischen Tokyo und seinen Nachbarn in
Seoul und Peking ist ohnehin schon wegen verschiedener
Grenzstreitigkeiten und der regelmäßigen Besuche Koizumis im
Yasukuni-Schrein, in dem unter anderem auch Japans
Hauptkriegsverbrecher verehrt werden, ernsthaft belastet. Die
Beziehungen sind derart angespannt, daß Chinas Präsident Hu
Jintao es ablehnte, sich am Rande der Gespräche mit Koizumi zu
treffen. Gutmöglich also, daß die Erweiterung des Projekts
Ostasiatische Gemeinschaft durch das US-U-Boot Australien eher zu einer
Blockade führen wird. (10.12.2005)