Kapitalismus
süß-sauer
Chinas
Kommunisten möchten die katastrophalen Folgen des rasanten
Wirtschaftswachstums durch Umweltschutzmaßnahmen in den Griff
bekommen. Von Wolfgang Pomrehn
Wenn
heutzutage von globalen Umweltproblemen im allgemeinen und dem
Klimawandel im besonderen die Rede ist, dann dauert es nicht lange,
und einer der Gesprächspartner zeigt mit dem Finger auf China.
Die enormen Luft- und Wasserverschmutzungen im Reich der Mitte sind
inzwischen sprichwörtlich und verursachen im Land selbst
gewaltige ökonomische und gesundheitliche Schäden. Wenn
allerdings Chinas Emissionen des Treibhausgases Kohlendioxid (CO
2),
das maßgeblich für den Klimawandel verantwortlich ist,
andernorts zum Vorwand für die eigene Untätigkeit genommen
wird, wie es seitens der Öl-, Auto- und Kohlelobby nicht nur in
den USA gern getan wird, oder um die Bedeutung eigener
Klimaschutzmaßnahmen herunterzuspielen, wie es hierzulande
immer mehr in Mode kommt, dann ist es Zeit, an die Grundrechenarten
zu erinnern.
Zum
einen ist der Ausstoß von Treibhausgasen in China erst in
jüngster Zeit stark angestiegen, insbesondere seit 2001, als der
Effekt der industriellen Umstrukturierung verpufft war, in deren
Verlauf viele alte, ineffizient mit Energie wirtschaftende Betriebe
der Schwerindustrie stillgelegt worden waren. Auch wenn demnächst
die Volksrepublik die USA als weltweit größten
CO
2-Emittenten
einholen wird, geht also die bisherige Zunahme der atmosphärischen
CO
2-Konzentration
allein auf das Konto der Industrieländer, die seit Jahrzehnten
auf hohem Niveau weit mehr CO
2
in die Luft blasen, als Ozeane und Biosphäre aufnehmen
können.
China als Newcomer hat daran nur einem minimalen Anteil. Die
"historischen Emissionen" der Industriestaaten, auf die
chinesische Politiker und ihre Kollegen aus anderen
Entwicklungsländern ihrerseits gern verweisen, sind einer der
Gründe, weshalb in der UN-Klimarahmenkonvention von der
"gemeinsamen, aber unterschiedlichen Verantwortung" der
Staaten gesprochen wird.
Zum
anderen sind trotz des rasanten Wachstums die Emissionen umgerechnet
auf die Bevölkerung Chinas noch immer relativ gering. Pro Kopf
und Jahr wurden in China 2006 maximal fünf Tonnen CO
2
emittiert, in Deutschland, das sich immer wieder als
Klimaschutzvorreiter darstellt, sind es hingegen immer noch zehn und
in den USA gar rund 20 Tonnen. In Indien, das in jüngster Zeit
ebenfalls des öfteren als Buhmann herhalten muß, liegen
die Pro-Kopf-Emissionen sogar noch deutlich unter zwei Tonnen pro
Jahr, dem Wert, der gegenwärtig als Grenze dessen angesehen
werden kann, was das Klimasystem verträgt, ohne daß die
CO2-Konzentration in der Atmosphäre weiter zunimmt. Hierzulande
hat man also wenig Anlaß, sich über die chinesische
Umweltverschmutzung zu echauffieren.
Ganz
anders stellt sich das Problem allerdings aus chinesischer Sicht dar.
Pan Yue, stellvertretender Direktor der Staatlichen
Umweltschutzbehörde (SEPA, State Environmental Protection
Administration), sprach im letzten Jahr in einem Kommentar davon,
daß
2004 der ökonomische Schaden durch Umweltverschmutzungen nach
Berechnungen seiner Behörde rund drei Prozent des
Bruttosozialprodukts ausgemacht habe. Er selbst ist der Ansicht,
daß
das noch zu optimistisch sei. Der Anteil könne sehr wohl auch
acht bis 13 Prozent betragen haben.
Der
boomende Kraftfahrzeugabsatz und eine Unzahl von Kohlekraftwerken
sorgen dafür, daß heute von den weltweit 20 Metropolen mit
der schlechtesten Luftqualität 16 in der Volksrepublik liegen.
Im Juni 2007 waren auf Chinas Straßen 152 Millionen PKW, LKW
und Motorräder unterwegs, 5,2 Prozent mehr als Ende 2006. Allein
in de Hauptstadt Peking wurden die dortigen Straßen, noch vor
einem knappen Jahrzehnt die unangefochtene Domäne der Radfahrer,
von 2,9 Millionen PKW verstopft. Peking, das im nächsten Jahr
Austragungsort der Olympischen Sommerspiele sein wird, wurde bereits
vom IOC gewarnt, ein Teil der Wettkämpfe müsse bei allzu
schlechter Luft eventuell verlegt werden. Die Stadt versucht, mit der
Umsiedlung von Industriebetrieben und selektiven Fahrverboten
gegenzusteuern, allerdings ohne daß sich bisher ein
durchschlagender Erfolg eingestellt hätte.
Nach
dem neuesten Global Ecological Outlook (GEO 4) von UNEP, des
Umweltprogramms der Vereinten Nationen, wuchsen von 2000 bis 2005 die
chinesischen Schwefeldioxidemissionen um 28 Prozent. Der Schadstoff,
einer der Verursacher des Waldsterbens, unter dem auch China und
seine östlichen Nachbarländer leiden, resultiert vor allem
aus der Verbrennung von Kohle. Hinzu kommen Stickoxide (NO
x),
die nicht nur aus den Schornsteinen der Kraftwerke, sondern in
großen
Mengen auch aus den Verbrennungsmotoren der Kraftfahrzeuge
entweichen. Ihre Emissionen haben, so der UNEP-Bericht, von 1996 bis
2003 um 50 Prozent zugenommen. NO
x
greifen nicht nur die Atemwege der Menschen an, sondern tragen unter
anderem durch die Bildung von Säure in Verbindung mit Wasser
auch zur Schädigung von Bäumen und Feldpflanzen bei.
Außerdem können sie im Zusammenhang mit starker
Sonneneinstrahlung die Bildung von bodennahem Ozon erheblich
befördern. Dieses wiederum ist nicht nur ein Treibhausgas,
sondern auch giftig für Menschen und Nutzpflanzen.
Aber
Luftverschmutzung ist nur ein Punkt auf der langen Liste der
chinesischen Umweltprobleme. Andere sind die oft katastrophale
Wasserqualität, der Klimawandel, Wassermangel, die Ausbreitung
der Wüsten und der Verlust von Ackerland. Das Land beherbergt 20
Prozent der Weltbevölkerung, besitzt aber nur sieben Prozent des
fruchtbaren Landes der Erde. Da wird jeder Hektar, der für
Industrieansiedlungen oder die wachsenden Städte verlorengeht,
zum Problem, zumal auch die Wüste ihren Zoll fordert: Jedes
Frühjahr machen Sandstürme aus der nahen Wüste Gobi
den Bewohnern Pekings das Leben schwer. Millionen Tonnen Sand gehen
über der Stadt und ihren endlosen Vororten nieder. Langsam aber
bisher unaufhaltsam rücken die Sanddünen weiter vor und
begraben Dörfer, Ackerland und kleine Städte unter sich.
Schlimmer
noch ist die doppelte Krise der Wasserversorgung. Zum einen sind
viele Flüsse und Seen durch kaum geklärte Haushalts- und
Industrieabwässer extrem belastet. Immerhin 28 Prozent von ihnen
sind nach Angaben der SEPA selbst für die Bewässerung der
Felder zu verschmutzt, und mehrere hundert Millionen Chinesen haben
keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser mehr. Der jährliche Fang
von Süßwasserfischen ist von 500.000 Tonnen in den 1950ern
auf nur noch 100.000 Tonnen in den 1990ern zurückgegangen.
Zur
Verschmutzung kommt die Knappheit. Dürren und Übernutzung
der Ressourcen haben vor allem im Norden dazu geführt, daß
mancherorts die Landwirtschaft nicht mehr genug Wasser Naß zur
Bewässerung der Felder hat. Dem Huang He, dem Gelben Fluß,
wird am Mittellauf soviel Wasser entnommen, daß er mehrere
hundert Kilometer vor dem Meer nurmehr ein Rinnsaal ist, das im
sandigen Flußbett versickert.
Dabei
ist im Augenblick die Situation noch eher günstig. Im Himalaya
und auf dem tibetischen Hochplateu tauen die Gletscher im Rekordtempo
ab. Chinas große Flüsse – der erwähnte Huang He,
der Jangtse und der Mekong – werden dort gespeist und profitieren
daher von der verstärkten Schmelze. Sollten die Eismassen der
Gebirge aber mit zunehmender Erwärmung in den nächsten
Jahrzehnten verschwinden, wie indische und chinesische Klimaforscher
befürchten, dann verlören die großen Flüsse
Asiens – in Indien wären auch der Ganges, der Brahmaputra
und
der Indus betroffen – einen wesentlichen Teil ihrer Quellen. Die
Wasserstände würden stärker als bisher von Jahr zu
Jahr schwanken, je nach dem wie viel Schnee im vorhergehenden Winter
in den Bergen gefallen ist. Keine guten Aussichten für eine
Landwirtschaft, die zu einem erheblichen Teil von der Bewässerung
abhängt.
Auch
sonst hat China im Zuge der globalen Erwärmung viel zu
verlieren. Die Mega-City Shanghai zum Beispiel, eines der starken
ökonomischen Zugpferde des chinesischen Wirtschaftswunders,
könnte durch den ansteigenden Meeresspiegel akut gefährdet
werden. Der Süden des Landes müßte dagegen damit
rechnen, daß verheerende Regenfälle wie jene, die im
Sommer 1998 am Jangtse mehrere tausend Menschen töteten, nicht
mehr alle 50 oder 100, sondern alle fünf bis zehn Jahre
auftreten. Andere Landesteile hätten vor allem unter Dürren
zu leiden, und die Menschen an den Küsten müßten sich
auf (noch) heftigere Taifune einstellen.
Das
Wissen um diese Bedrohungen hat längst das Alltagsbewußtsein
der chinesischen Bürger erreicht. Laut einer vom britischen
Nachrichtensender BBC in Auftrag gegebenen internationalen
Meinungsumfrage befürworten in der Volksrepublik 85 Prozent der
Interviewten Steuererhöhungen, um fossile Energie zu verteuern,
deren Verbrauch eine der wichtigsten Ursachen für den
Klimawandel ist. Rund 60 Prozent waren der Ansicht, daß sich
Lebensstil und Verhalten ändern müssen. Die Umfrage wurde
im Mai und Juli 2007 in 21 Ländern durchgeführt, in China
wurden allerdings nur Menschen in den großen Städten
befragt.
Mittlerweile
haben sich Hunderte örtlicher Umweltgruppen gebildet, die jedoch
einer strengen staatlichen Kontrolle unterworfen sind. Unabhängig
von diesen Gruppen ist es in den vergangenen Jahren zu einer Vielzahl
von Protesten und Demonstrationen im Zusammenhang mit Umweltfragen
gekommen. Oft kommen soziale Aspekte hinzu, wie mangelhafte
Entschädigung für den Verlust von Ackerland. Diese soziale
Unruhe mag mit ein Grund dafür sein, daß die chinesische
Führung das Thema Umweltschutz inzwischen ganz oben auf ihre
Tagesordnung gesetzt hat. Ein anderer sind sicherlich die
erwähnten
enormen ökonomischen Schäden und Gesundheitsprobleme, die
langfristig die Grundlagen der Gesellschaft gefährden.
Entsprechend widmete Ministerpräsident Wen Jiabao im Frühjahr
auf der jährlichen Sitzung des Nationalen Volkskongresses einen
erheblichen Teil seines Rechenschaftsberichts diesen Problemen.
Auch
auf dem KP-Parteitag Ende Oktober gab es klare Worte: "Unser
Wirtschaftswachstum geschieht zum Preis exzessiver Kosten, was den
Verbrauch an Ressourcen und Umwelt angeht", mahnte Präsident
und KP-Chef Hu Jintao die Delegierten. Bemerkenswert ist, daß
er die Sorgen um die Umwelt an erster Stelle, noch vor den sich
verschärfenden sozialen Gegensätzen anführte. Hu
forderte einen "aufgeklärten Entwicklungsansatz". Die
Wirtschaft solle weiter rasch wachsen, aber der Energie- und
Ressourvenverbrauch müsse effizient gestaltet, der Anteil der
erneuerbaren Energiequellen deutlich erhöht, eine
Recyclingwirtschaft im großen Maßstab eingeführt und
die Verschmutzungen unter Kontrolle gebracht werden.
Dieses
Programm verträgt sich gut mit den ebenfalls von Hu formulierten
Vorstellungen von einer Modernisierung der chinesischen Wirtschaft.
Nicht Massenproduktion auf der Grundlage billigster Arbeit, sondern
eine zügige Nutzung des technologischen Fortschritts soll die
Zukunft bestimmen. Entsprechend steigen zum Beispiel die Ausgaben
für
Forschung und Entwicklung in raschem Tempo. 2006 wurde in diesem
Bereich bereits mehr als in Japan investiert, und 2009 oder 2010 wird
der entsprechende Etat vermutlich den der EU und ihrer Mitglieder
übersteigen.
Zu
dieser Industriepolitik gehört auch, daß China auf dem
Gebiet der erneuerbaren Energien enorm schnell aufholt und schon bald
sowohl bei den Herstellern als auch bei der Errichtung der
entsprechenden Anlagen auf dem Weltmarkt den Ton angeben wird. So
beherbergt das Land inzwischen eine Vielzahl von
Solarzellenherstellern, darunter mit Suntech Power auch einen der
weltweit größten. Dessen privater Besitzer Shi Zhongreng
hat es mit dem Unternehmen innerhalb weniger Jahre zum Milliardär
gebracht. Derzeit planen die meisten chinesischen Produzenten eine
massive Ausweitung der Produktion, die allerdings bisher zum
größten
Teil noch für den Export bestimmt ist.
Auch
gibt es in China mittlerweile mehrere Dutzend
Windenergieanlagenbauer. Ende dieses Jahres werden in der
Volksrepublik voraussichtlich 5.000 Megawatt (MW) an elektrischer
Leistung in Windrädern installiert sein, womit bereits das
Plansoll für 2010 erfüllt wäre. Mit der entsprechenden
Unterstützung der Regierung könnte bis 2020 die
installierte Leistung auf 120.000 MW ausgedehnt werden, hat Anfang
November ein auf der Windenergiemesse in Shanghai vorgestellter
Bericht vorgerechnet. Das Windpotential des Landes wäre damit
noch lange nicht ausgeschöpft, aber immerhin könnten dann
schon etwa zehn Prozent des Bedarfs an elektrischer Energie damit
gedeckt werden.
Neben
dem Ausbau der erneuerbaren Energien ist die chinesische Führung
bestrebt, die Enegieeffizienz zu steigern. Bis 2010, so sieht es der
derzeit gültige Fünfjahresplan vor, soll der Energieeinsatz
pro Einheit Bruttosozialprodukt um 20 Prozent gegenüber dem
Niveau von 2005 erhöht werden. In der Praxis hieße das,
daß der Energieverbrauch weiter, aber nur etwa halb so schnell
steigen würde wie das Wirtschaftswachstum. Um das zu erreichen,
werden seit Jahresbeginn zahlreiche veraltete Kraftwerke und
Industriebetriebe stillgelegt. Auch hier entpuppt sich Umweltschutz
für die Volksrepublik als Mittel zur Modernisierung der
industriellen Basis.
Doch
leider erweist man sich in den dezidiert industriepolitischen
Visionen als ziemlich phantasielos. Insbesondere im Verkehrssektor
eifert man einfach den westlichen Vorbildern nach. Die Folge: Schon
jetzt sind die großen Metropolen des Landes durch ihre
autogerechte Zurichtung verwüstet. Peking wurde mit
Stadtautobahnen zugepflastert, in Shanghai ist auf manchen
Straßen
inzwischen das Fahrradfahren verboten, und in Guangzhou, den
Europäern besser als Kanton bekannt, wurde die Altstadt durch
zweistöckige Straßen unbewohnbar gemacht.
Parallel
zu dieser Zerstörung der Urbanität mausert sich auch in
China der Auto-Öl-Komplex zu einem zentralen Bereich der
Wirtschaft. Chinas Autokonzerne setzen gerade zum Sprung auf den
Weltmarkt an und sind entschlossen, sich an die Spitze zu setzen.
China ist bereits nach den USA der zweitgrößte Markt
für
Kraftfahrzeuge aller Art und hat derzeit jährliche
Fertigungskapazitäten von rund acht Millionen. Nach den
Plänen
der Hersteller sollen diese bis 2010 auf sagenhafte 20 Millionen
ausgedehnt werden. Das ist sogar der Nationalen Kommission für
Entwicklung, der ehemaligen zentralen Planungsbehörde, zuviel,
die Überkapazitäten befürchtet. Daher versucht sie
gerade, Kriterien festzusetzen, die die Genehmigung von
Erweiterungsbauten regeln sollen. Eine andere Frage ist allerdings,
ob sich die jeweiligen regionalen Behörden daran halten werden,
was im heutigen China keineswegs selbstverständlich ist.
Ein weiteres Hindernis für
effektive Umweltpolitik könnte die chinesischen Ölindustrie
sein, die wie ihre Konkurrenten auf anderen Kontinenten ein
großes
Interesse daran haben müßte, die Ölabhängigkeit
der Wirtschaft so lange wie möglich aufrechtzuerhalten.
Anderswo, besonders in den USA, haben sich die Ölkonzerne seit
Beginn der Neunziger mit großer Hingabe und recht erfolgreich
der Verhinderung von wirksamen internationalen Klimaschutzabkommen
gewidmet.
Doch diesbezüglich ticken
in China die Uhren noch anders. Zwar ist mit Petro-China Anfang
November 2007 einer der chinesischen Ölgiganten mit einer
Marktkapitalisierung von etwas über einer Billion US-Dollar
formal zum mit Abstand größten Unternehmen des Planeten
avanciert, doch trügt der Schein: Der Preis kam allein aufgrund
einer Positionierung von etwas über zwei Prozent der Aktien an
der Shanghaier Börse zustande, auf die sich kaufwütige
chinesische Anleger gestürzt haben. 86 Prozent der
Petro-China-Aktien werden hingegen weiter vom chinesischen Staat
gehalten, und daran wird sich in nächster Zukunft nichts
ändern.
Öl gehört neben Werften, Bergbau, Stromproduktion,
Luftfahrt, Rüstung und Telekommunikation zu den strategischen
Sektoren, in denen der Staat die "absolute Kontrolle"
behalten will, so formulierte es Li Rongrong, der Vorsitzende der
Kommission für die Überwachung und Verwaltung von
Staatsbesitz (Sasac), der der größere Teil der von der
Zentralregierung in Peking kontrollierten Betriebe unterstehen, im
Dezember 2006.
Bei Petro-China wie bei den
anderen staatlichen Ölkonzernen handelt es sich also noch
keineswegs um "normale" kapitalistische Unternehmen. Sie
werden zwar in gewisser Weise privatwirtschaftlich geführt, ihre
Politik bleibt aber einer strengen Kontrolle der politischen
Führung
unterworfen. Insofern mag es aus dem technokratischen Management
dieser Unternehmen Widerstand gegen eine restriktivere Umweltpolitik
geben, die Konzerne sind aber noch weit davon entfernt, sich nach dem
Muster von Exxon-Mobil & Co. eine Regierung auszusuchen, die
ihren Interessen am besten dient.
Dennoch gibt es im Apparat der
KP und in den staatlichen Verwaltungen auf allen Ebenen erhebliche
Widerstände gegen einen effektiveren Umweltschutz. Bei den
meisten Funktionären steht, wie seit nunmehr fast 30 Jahren,
Wirtschaftswachstum an oberster Stelle der Agenda. Entsprechend
mußten Anfang 2007 Pläne des Nationalen Büros für
Statistik und der Umweltbehörde Sepa zunächst
zurückgezogen
werden, regelmäßig ein sogenanntes grünes
Sozialprodukt zu berechnen. Zu viele Kader in den Provinzen und in
den Industrieministerien fürchten offenbar für den Fall,
daß eine detaillierte Bilanz der Umweltschäden aufgemacht
würde um ihre Karriere. Die Frage, wieweit sich künftig in
China eine umweltschonende Industrie- und Energiepolitik wird
durchsetzen können, ist also offen.
Wolfgang Pomrehn schrieb in
Konkret Literatur
2007 über Neuerscheinungen zum Thema Klimawandel. Bei PapayRossa
ist kürzlich sein Buch "Heiße-Zeiten – Wie der
Klimawandel gestoppt werden kann" erschienen