07.11.2006 / Kapital & Arbeit / Seite 9
Nicht nur Europa ist im
ChinaFieber,
sondern auch Afrika. 33 Staats- und Regierungschefs waren zum
chinesisch-afrikanischen Forum gekommen, das am Wochenende in Peking
tagte. Begleitet wurden sie von insgesamt 1300 Geschäftsleuten.
Auf der
Tagesordnung stand vor allem die Ausweitung der Wirtschaftsbeziehungen.
Der Warenaustausch zwischen
China und
den 53 afrikanischen Staaten hat sich insgesamt rasant entwickelt. 1995
hatte er ein bescheidenes Volumen von 2,4 Milliarden Euro, im
vergangenen Jahr waren es bereits 32 Milliarden Euro. Für die
Staaten
Afrikas sind das immerhin zehn Prozent ihres Außenhandels,
für
China
allerdings nur 2,3 Prozent. Bleibt es bei diesem Entwicklungstempo,
dann wird die Volksrepublik schon bald die USA als zweitwichtigsten
Handelspartner des Kontinents überflügeln.
Chinas
Premierminister Wen Jiabao hat dieses Ziel offenbar fest im Blick, denn
am Samstag schlug er den versammelten Honoratioren vor, den Austausch
in den nächsten Jahren mit Hochdruck weiter auszudehnen, so
daß er 2010
schon 80 Milliarden Euro umfassen könnte.
Partieller Schuldenerlaß
Zu diesem Zweck versprach
Chinas
Präsident Hu Jintao, der das Treffen ebenfalls besuchte, daß
die
Volksrepublik die Handelsbarrieren für die 28 ärmsten
Länder des
Kontinents weiter abbauen wird, sofern sie diplomatische Beziehungen zu
Peking unterhalten. Bis 2009 soll die Liste der zollfreien
Importartikel für diese Ländergruppe von 190 auf 440
Positionen
erweitert werden. Weiter kündigte Hu an, daß seine Regierung
die
Entwicklungshilfe für Afrika auf 2,4 Milliarden Euro verdoppeln
will.
Außerdem werde ein Fonds mit vier Milliarden Euro Umfang
geschaffen,
der chinesische Unternehmen unterstützen soll, die in Afrika
investieren.
China hat bereits Schulden im
Umfang von 1,12 Milliarden Euro gestrichen, die die ärmsten
afrikanischen Länder bei der Pekinger Regierung hatten.
Der
ökonomische Hintergrund der chinesischen Afrika-Offensive ist vor
allem
der Hunger nach Rohstoffen. Eisenerz, Baumwolle, Kupfer und vor allem
Öl stehen auf Pekings Einkaufsliste. Angola hat bereits
Saudi-Arabien
als
Chinas größter
Öllieferant überflügelt.
Starke chinesische Engagements gibt es außerdem in Nigeria, Gabun
und
im Sudan, das 70 Prozent seiner Exporte gen Osten schickt. Dort
könnten
demnächst chinesische und westliche Interessen aufeinanderprallen,
sollte es zu einer Intervention in der sudanesischen Region Darfur
kommen. Wer weiß, vielleicht werden ja mal wieder
»versehentlich«
chinesische Einrichtungen bombardiert, wie es 1999 mit Pekings
Botschaft in Belgrad geschah. Derweil ist allerdings auch
China militärisch auf dem Kontinent
vertreten, der Staat beteiligt sich an der UN-Truppe in der
Demokratischen Republik Kongo.
Die
starke Nachfrage nach Ressourcen aller Art – angetrieben vor
allem
durch den chinesischen Dauerboom– hat unterdessen die
Rohstoffpreise in
beachtliche Höhen katapultiert und die Einkünfte der meisten
afrikanischen Länder verbessert. Entsprechend sind die
Volkswirtschaften der Staaten südlich der Sahara zwischen 2001 und
2004
jährlich im Durchschnitt um 4,4 Prozent gewachsen, 2005 sogar um
5,5
Prozent.
Reiner Rohstoffexport
Solange dieser Fortschritt jedoch allein auf dem Export von
Bodenschätzen aufbaut, steht er auf tönernen
Füßen. Die
Volkswirtschaften bleiben Geisel der Rohstoffpreise, deren Kapriolen
und langanhaltender Verfall seit Mitte der 1970er Jahren eine der
wichtigsten Ursachen für die afrikanische Misere waren.
Entsprechend
warnte ein Weltbank-Bericht kürzlich davor, daß die
afrikanischen
Staaten im Handel mit
China
und Indien, das ähnliche Avancen gegenüber dem Kontinent
macht,
letztendlich den kürzeren ziehen würden. In der Tat erinnert
die
Zusammensetzung der Warenlisten im afrikanisch-chinesischen Austausch
sehr an koloniale und neokoloniale Handelsbeziehungen zwischen Nord und
Süd: Afrika exportiert Rohstoffe und kauft Fertigwaren in
China.
Allerdings
hätte der afrikanische Kontinent im Augenblick die Chance, sich
mit den
Einnahmen aus dem Exportgeschäft aus diesem unheilvollen Kreislauf
zu
befreien. Das Geld, das mit Erzen und Öl eingenommen wird,
müßte in den
Aufbau einer verarbeitenden Industrie gesteckt werden. Ein erster
Schritt wäre sicherlich, die Rohstoffe so weit wie möglich im
Land
aufzuarbeiten. Statt Eisenerz zu exportieren, ist es sinnvoller, daraus
möglichst hochwertige Stähle zu produzieren und diese zu
verkaufen.
Helfen können dabei auch die wachsenden chinesischen Investitionen
in
Afrika. Oftmals sind sie Bestandteil der Verträge zur Vergabe von
Förderkonzessionen. In Nigeria haben chinesische Unternehmen
Beteiligungen an mehreren Offshore-Ölfeldern erhalten. Im Gegenzug
steckt China rund 3,2 Milliarden Euro
in
Raffinerien, die Entwicklung der Landwirtschaft und in Kraftwerke.