Nichts. Keine verbindliche Zahlen für die Reduktion der
Treibhausgasemissionen, keine klare Regelung, wie den
Entwicklungsländern bei der Anpassung an den Klimawandel
geholfen wird, kein irgendwie rechtsgültiges Abkommen.
Lediglich eine politische Erklärung ist nach den zähen,
zweiwöchigen Verhandlungen beim UN-Klimagipfel herausgekommen.
Dieser endete am Samstag nachmittag in
Kopenhagen
nach zwei
schlaflosen Nächten mit fast einem Tag Verspätung.
Nicht einmal verabschiedet konnte die Erklärung werden. Die
Versammlung nahm sie lediglich zur Kenntnis. In der Nacht von
Freitag zu Samstag war sie in kleiner Runde von 28 Staaten
ausgehandelt worden. Gegen das Verfahren und den wachsweichen
Inhalt gab es unter den anwesenden Vertretern von 192 Ländern
soviel Widerstand, daß der dänische
Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen das Handtuch
warf und den Konferenzvorsitz abgeben mußte.
Schließlich einigte man sich doch noch auf die Formel der
Kenntnisnahme.
Auch die Anwesenheit von fast 120 Staats- und Regierungschefs hatte
nicht den Durchbruch gebracht. Mit viel Spannung war am Freitag die
Rede von US-Präsident Barack Obama erwartet worden, allerdings
wurden alle Hoffnungen enttäuscht. Obama war mit leeren
Händen nach
Kopenhagen gekommen und
wiederholte nur, was seine
Vertreter schon vorher gesagt haben: Die USA wollen nicht das
Kyoto-Protokoll ratifizieren, sie wollen ein gänzlich neues
Abkommen, sie wollen das Prinzip, das zuerst die Industriestaaten
ihre Emissionen absenken müssen, nicht akzeptieren, und sie
wollen im nächsten Jahrzehnt ihren Treibhausgasausstoß
nur um einen lächerlich geringen Betrag reduzieren.
Auch die Vertreter Deutschlands und der EU waren in den
Verhandlungen nicht gerade vorantreibend. Zum einen haben auch sie
versucht, den Schwellenländern den schwarzen Peter
zuzuschieben. Zum anderen haben sie mit eigenen Angeboten gegeizt.
Hätte die EU mehr Finanzhilfen und vor allem eine
stärkere Reduktion der Treibhausgase – zum Beispiel 30
oder gar 35 Prozent statt der bereits beschlossenen 20 Prozent bis
2020 – zugesagt, dann wäre der Druck auf die USA
größer gewesen.
Polizeistaat
Die Konferenz war also ein grandioser Fehlschlag, während sich
auf den Straßen
Kopenhagens ein
großer Erfolg
entwickelte, wie es Tadzio Müller, einer der Sprecher des
Climate-Justice-Action-Netzwerks (CJA) formulierte. 100000 Menschen
waren aus aller Welt zur bisher größten Demonstration
für effektiven und gerechten Klimaschutz zusammengekommen.
Nicht einmal vollkommen überzogene Polizeieinsätze, bei
denen selbst einige Teilnehmer der offiziellen Konferenz
Knüppel zu spüren bekamen, konnten die
Umweltschützer davon abhalten, ihren Protest auf die
Straße zu tragen.
Rund 1800 Personen waren während der zwei Wochen – oft
unter entwürdigenden Bedingungen – vorbeugend
festgenommen worden. In Käfigen wurden sie gehalten, zwischen
denen Hunde patrouillierten und in die die Beamten mitunter
Pfeffergas sprühten. 21 Menschen waren am Wochenende noch in
Haft. Auch Müller war unter dem Vorwurf verhaftet worden,
gewaltsame Proteste organisieren zu wollen. Man hatte unter anderem
seine Handy-Gespräche abgehört. Tatsächlich war er
einer der Pressesprecher des Bündnisses, der Vorgang also auch
ein Angriff auf die Pressefreiheit. Außerdem hatte das
Climate-Justice-Action-Netzwerk in der Öffentlichkeit und in
Vorfeldgesprächen mit der dänischen Polizei immer wieder
klargestellt, daß es ihm um gewaltfreien zivilen Ungehorsam
ging.
Wie weiter?
Nach dem Gipfel ist vor dem Gipfel. Die Klimakonferenz hat
technisch aus zwei Tagungen bestanden. Dem Treffen der 192
Mitgliedsstaaten der Klimarahmenkonvention, zu denen auch die USA
gehören, und die Versammlung der 189 Mitglieder des
Kyoto-Protokolls, zu denen die USA nicht zählen. Letztere
Versammlung hat schon vor vier Jahren eine Arbeitsgruppe
eingerichtet, in der zwischen den Konferenzen über weitere
Verpflichtungen der Industriestaaten zur Reduktion ihrer Emissionen
verhandelt wird. Diese Arbeitsgruppe hatte wesentliche Vorarbeit
für die
Kopenhagener Konferenz
geleistet, krankt jedoch daran,
daß die USA nicht mit an Bord sind, weil sie sich als einer
der ganz wenigen Staaten weigern, das Kyoto-Protokoll zu
ratifizieren. Das Mandat dieser Arbeitsgruppe wurde jedenfalls von
der Konferenz für ein Jahr verlängert. Auf der
nächsten UN-Klimakonferenz in einem Jahr in Mexiko soll sie
ihre Ergebnisse vorlegen.
Allerdings waren in
Kopenhagen und schon im
Vorfeld des Gipfels
verschiedene Gruppen der Entwicklungs- und Schwellenländer so
aktiv wie nie zuvor. Es ist nicht auszuschließen, daß
aus ihrem Kreis in den nächsten Monaten soviel diplomatischer
Druck erzeugt wird, daß schon vor Mexiko Bewegung in die
Verhandlungen kommt.