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13.11.2006 / Schwerpunkt / Seite 3

Vorwärts im Schrittempo

Halbzeit der UN-Klimakonferenz: In Nairobi zeichnet sich eine Einigung über einen Verhandlungsfahrplan ab. ASEAN-Staaten wollen Smog bekämpfen

Von Wolfgang Pomrehn

In Kenias Hauptstadt Nairobi gehen am heutigen Montag die diesjährigen internationalen Klimaverhandlungen in ihre zweite Runde. Am Samstag hatten in der ostafrikanischen Stadt 2500 Menschen demonstriert und von den Regierungen Maßnahmen gefordert, damit der Klimawandel aufgehalten wird. »Afrika leidet mehr als jeder andere Kontinent unter dem Klimawandel«, meinte Grace Akumu, die in Nairobi das Climate Network Africa leitet. »Wir hoffen, daß nach den Wahlen die USA nun endlich den Klimawandel ernst nehmen.« Die USA sind bevorzugte Zielscheibe der Umweltschützer, da sich US-Präsident George W. Bush beharrlich weigert, das Kyoto-Protokoll ratifizieren zu lassen. In diesem Klimaschutzvertrag hatte man sich 1997 in der einstigen japanischen Kaiserstadt darauf geeinigt, daß in den Industriestaaten bis 2012 die Emissionen der Treibhausgase um durchschnittlich fünf Prozent gegenüber dem Referenzjahr 1990 reduziert werden sollen. Außer den USA und Australien sind alle Industriestaaten und die meisten Entwicklungsländer dem Abkommen beigetreten. Laut UN-Statistiken wuchsen die Treibhausgasemissionen in den USA, die ohnehin schon der weltgrößte Emittent sind, zwischen 1990 und 2004 um rund 16 Prozent. Dies hält die USA nicht davon ab, von Entwicklungsländern wie China, deren Pro-Kopf-Ausstoß nicht einmal ein Achtel des US-amerikanischen ausmacht, Emissionsbeschränkungen zu verlangen.

Kein Durchbruch

Während einige also noch immer bremsen, geht es in Nairobi bereits um die Nachfolge des Kyoto-Abkommens. 189 Staaten haben Vertreter geschickt. Grundlage der Gespräche bildet die UN-Klimaschutzrahmenkonvention, der auch die meisten Kyoto-Verweigerer angehören, die somit ebenfalls am Verhandlungstisch sitzen. Auf der Tagesordnung stehen neben neuen Reduktionszielen auch Technologietransfer für saubere Entwicklung und Hilfe bei der Anpassung an jenen Teil des Klimawandels, der nicht mehr aufzuhalten ist. Letzteres ist insbesondere für viele afrikanische Länder und für die kleinen Inselstaaten von Bedeutung, die besonders verwundbar durch veränderte Umweltbedingungen sind. Einen Durchbruch erwartet in Nairobi allerdings nach fünf Verhandlungstagen niemand mehr, doch immerhin zeichnet sich ab, daß es eine Einigung über einen Arbeitsplan für weitere Verhandlungen geben wird. In einem nächsten Schritt soll das Einsparpotential in den Industriestaaten untersucht werden. Auch ein Klima-Anpassungsfonds könnte bis 2008 stehen.

Nach den Vorstellungen der Bundesregierung sollte der Zeitplan so aussehen, daß auf der nächstjährigen Konferenz ein Verhandlungsmandat verabschiedet werden kann. Ein solches steckt gewöhnlich den Rahmen für Gespräche über einen Vertragstext ab, setzt Termine und grobe Zielvorgaben. Zwei Jahre später, also 2009, soll der nächste Vertrag unterschriftsreif sein. Für die bisherigen Erfahrungen mit den Klimaverhandlungen ist das ein äußerst ehrgeiziger Plan. Doch selbst wenn er eingehalten werden kann, wird man noch bangen müssen, ob das Vertragswerk diesmal zügiger von den Mitgliedsstaaten ratifiziert wird. Andernfalls gäbe es 2012 keinen direkten Anschluß, wenn der alte Vertrag ausläuft. Das Kyoto-Protokoll benötigte seinerzeit über sieben Jahre von der Unterschrift bis zum Inkrafttreten.

Minister im Anmarsch

In Nairobi haben bisher vor allem hohe Regierungsbeamte miteinander gesprochen. Erst Mitte der Woche werden die meisten Länder ihre zuständigen Minister schicken. Auch Bundesumweltminister Sigmar Gabriel hat sein Kommen angekündigt.

Unterdessen haben sich die Umweltminister der südostasiatischen Staatenallianz ASEAN auf einen Fonds zur Bekämpfung des Smogproblems geeinigt, das in ihrer Region regelmäßig. Auf den indonesischen Inseln Sumatra und Borneo werden die Urwälder von Holzfirmen und Plantagenbesitzern angezündet, die an die wertvollen Hölzer herankommen oder Land für weitere Palmölplantagen wollen. Die Folge sind ausgedehnte Rauchwolken, die in den nahe gelegenen Nachbarländern auf der Malaiischen Halbinsel die Luft oft für Wochen verpesten. Auch in diesem Jahr wurden die Menschen in Singapur und in Malaysia über Monate von beißendem Rauch geplagt, bis kürzlich Regen für Abhilfe sorgte. Der Qualm ist nicht nur ein erhebliches regionales Gesundheitsproblem. Die Vernichtung der Regenwälder Indonesiens, die zugleich nahezu die letzten der Region sind, trägt auch zum globalen Klimaproblem bei. Durch die Verbrennung entsteht das Treibhausgas Kohlendioxid, das sich in der Atmosphäre anreichert, wenn nicht für die gerodeten Bäume neue nachwachsen. Weltweit hat das Abholzen von Wäldern einen Anteil von etwa 20 Prozent an der Freisetzung der klimaschädlichen Gase. Nun stellen die Staaten der Region erstmals finanzielle Mittel bereit, um die Brände zu bekämpfen. Die eingezahlten Summen sind allerdings bisher sehr bescheiden und werden voraussichtlich wenig bewirken, solange nicht schärfer gegen die verantwortlichen Firmen vorgegangen wird, die meist aus Malaysia stammen.