Die Arktis ist das Barometer für die globale
Umweltzerstörung, hieß
es vor zwei Jahren in einer Resolution des UN-Umweltprogramms UNEP.
Wenn das stimmt, dann müßten die neuesten Nachrichten aus
dem hohen
Norden alle Alarmglocken schrillen lassen. Im September, so berichten
Wissenschaftler der US-Raumfahrtbehörde NASA, ist das Eis in den
arktischen Gewässern so weit zurückgegangen wie nie zuvor.
Seit fast 30
Jahren erfassen Satelliten der US-Behörde regelmäßig
die Eisbedeckung
des Meeres zwischen Eurasien und Nordamerika und haben in dieser Zeit
einen deutlichen, abwärts gerichteteten Trend ausgemacht.
Zunächst
hielt man die Abnahme noch für eine natürliche Schwankung.
Aber
inzwischen hat der Vergleich mit älteren Daten gezeigt, daß
das Eis nie
zuvor so weit zurückgegangen ist wie im September 2005.
Gegenüber den
Spätsommern Ende der 1970er Jahre hat sich die Ausdehnung des
Eises
inzwischen um fast 30 Prozent verringert. Schon in den drei Vorsommern
waren Negativrekorde aufgestellt worden, doch in diesem Jahr hat sich
der Trend weiter verstärkt. Es paßt zu den Meldungen der Klimatologen, daß der September 2005 im
globalen Maßstab der wärmste je gemessene war.
Das arktische Meereis durchläuft übers Jahr einen Zyklus von
Gefrieren
und Schmelzen. Im Sommer taut ein Teil an den Rändern und gibt vor
allem die Küsten Sibiriens weitgehend frei. Auch auf seiner
Oberfläche
schmilzt das Meereis in der Sonne, die nördlich des Polarkreises
im
Sommer viele Wochen ohne Unterbrechung scheint. Im Winter friert das
freie Wasser wieder zu und Eisschollen schieben sich in den Süden
vor.
Auch an der Unterkante des mehrjährigen Eises gefriert Wasser. An
diesem Kreislauf hat sich seit etwas über einer Million Jahre
nicht
viel geändert, außer daß sich das ewige Eis mitunter
weit in den Süden
vorwagte und auch Skandinavien und Kanada unter kilometerdicken
Gletschern begrub.
Dieser Kreislauf könnte schon bald durchbrochen werden. Nach den
neuesten Beobachtungen meinen die Forscher der NASA und des
US-Datenzentrums für Schnee und Eis, daß das Eis auf dem
arktischen
Ozean noch deutlich vor Ende des Jahrhunderts im Sommer ganz
verschwinden könnte. Sorgen macht den Klimaforschern
vor allem, daß der Effekt sich selbst verstärkt, was die
Naturwissenschaftler positive Rückkoppelung nennen. Das Eis
reflektiert
normalerweise wegen seiner weißen Oberfläche einen
erheblichen Teil der
einfallenden Sonnenstrahlung zurück ins All. Das Wasser hingegen
erwärmt sich durch die Sonne. Je mehr Eis also im Sommer schmilzt
und
Wasser frei gibt, desto mehr Wärmeenergie können die
arktischen
Gewässer tanken. Das wiederum führt aber dazu, daß sich
im Winter
weniger Neueis bildet. Ab einem gewissen Schwellenwert an freiem Wasser
ist dieser Prozeß nicht mehr aufzuhalten und führt innerhalb
weniger
Jahrzehnte zu einem Zustand, in dem das Nordpolarmeer, wenn
überhaupt,
nur noch im Winter zufrieren wird. Die Klimatologen
rätseln derzeit noch, wo genau dieser Punkt ohne Rückkehr
liegt. Weit davon entfernt scheinen wir nicht mehr zu sein.
Über die Ursache der dramatischen Entwicklung gibt es kaum einen
Zweifel: der Treibhauseffekt und die globale Erwärmung, die er
verursacht. Seit dem Beginn des Industriezeitalters sorgen das Abholzen
der Wälder sowie die Verbrennung von Kohle, Erdgas und
Erdölprodukten
dafür, daß sich in der Erdatmosphäre Kohlendioxid
anreichert, das
wichtigste der sogenannten Treibhausgase. Seit Ende des 19.
Jahrhunderts hat sich die global gemittelte Temperatur der untersten
Luftschichten bereits um fast ein Grad erhöht, und seit knapp 30
Jahren
hat sich dieser Trend erheblich verstärkt.
Zum Ende des 21. Jahrhunderts sagen Klimaforscher
eine Erwärmung um bis zu fünf Grad Celsius voraus. Im
globalen Mittel.
In den arktischen und antarktischen Regionen fällt der Anstieg
schon
jetzt fühlbar stärker aus. Welch dramatische Konsequenzen der
Klimawandel
haben wird, wird unter anderem an den Veränderungen im hohen
Norden
deutlich. Das dortige Verschwinden des Sommereises wird nicht nur
tiefgreifende klimatische Veränderungen
auf
der ganzen Nordhalbkugel nach sich ziehen. Es wird auch die
Lebensgrundlage der Menschen in der Polarregion untergraben.
Indigene Kulturen bedroht
Die Arktis ist zwar unwirtlich, aber nicht unbewohnt. Seit
Jahrtausenden haben sich Menschen in der Kälte eingerichtet. Zu
ihnen
gehören unter anderem die Eskimos oder Inuit, wie sie sich selbst
nennen. Mehr als 150000 von ihnen leben an den Küsten der eisigen
Gewässer von Fischfang und der Jagd auf Robben und Wale. 1977
schlossen
sie sich in einer internationalen Organisation zusammen, der Inuit
Circumpolar Conference (ICC). »Wir Eskimos sind eine
internationale
Gemeinschaft mit einer gemeinsamen Sprache, einer gemeinsamen Kultur
und einem gemeinsamen Land an den arktischen Küsten Sibiriens,
Alaskas,
Kanadas und Grönlands«, hatten einige der Gründer aus
Alaska in den
1970er Jahren ihre Lage beschrieben. Die Erhaltung der eigenen Kultur
und der arktischen Umwelt, beides eng mit den Lebensbedingungen der
Eskimos verbunden, ist das Programm der grenzüberschreitenden
Eskimo-Organisation. Andere arktische Völker in Sibirien und im
Norden
Skandinaviens haben sich ebenfalls organisiert und pflegen eine enge
Zusammenarbeit mit der zusammengeschlossenen ICC.
Obwohl die Inuit in den letzten 20 Jahren vor allem in Kanada und
Dänemark (Grönland) eine erhebliche Autonomie gewonnen haben,
haben
sich ihre Lebensbedingungen kaum verbessert. »In mancherlei
Hinsicht
entsprechen die Verhältnisse, unter denen die Inuit und viele
andere
eingeborene Völker der Arktis leben, eher den Bedingungen in
Entwicklungsländern als denen der Industriestaaten«, meinte
ICC-Vorsitzende Sheila Watt-Cloutier Ende September auf einer Konferenz
im kanadischen Ottawa. Hinzu kommt, daß die Arktis-Bewohner in
besonderer Weise unter den globalen Umweltproblemen zu leiden haben.
Bereits in den 1980er Jahren wurde festgestellt, daß langlebige
Umweltgifte wie DDT und PCB um den ganzen Erdball zirkulieren und sich
im hohen Norden anreichern. Im Blut und in der Muttermilch der
arktischen Jäger wurden weitaus höhere Konzentrationen dieser
Stoffe
gefunden als bei den Menschen weiter im Süden.
Auch von der globalen Erwärmung sind Inuit und andere Bewohner des
einstmals ewigen Eises besonders betroffen. »Unsere Jäger
berichten von
unvorhersehbaren Eisbedingungen, vom Auftreten neuer Fische und
Vögel,
von Mückeninvasionen und vom Auftauen des Permafrostbodens«,
so
Watt-Cloutier in ihrer Rede in Ottawa. Auf zahllosen internationalen
Konferenzen haben die Inuit inzwischen ihre Beobachtungen vorgetragen.
Ihre Jäger haben zunehmend Schwierigkeiten, die Familien zu
ernähren.
Die Jagd findet hauptsächlich auf dem Eis statt, doch das wird
immer
dünner und damit unsicherer. Außerdem verlängert sich
die Periode, in
der viele Küstengewässer eisfrei bleiben, was die Jagdsaison
verkürzt
und auch für einige Robbenarten ein Problem ist, die ihre Jungen
auf
dem Eis zur Welt bringen. »Wir haben erfahrene Jäger
verloren, die es
gewohnt waren, auf dem Eis lange Strecken zurückzulegen. Heute ist
es
viel schwieriger, das Meereis zu ›lesen‹. Unsere Umwelt
verhält sich
zunehmend weniger vorhersehbar«, beschreibt die ICC-Vorsitzende
die Not
der von der Jagd lebenden Völker.
Vor einem knappen Jahr hat der Arktische Rat, in dem sich die acht
Anrainerstaaten (Dänemark, Schweden, Norwegen, Finnland, Island,
Rußland, Kanada und die USA) zusammengeschlossen haben, einen
Bericht
über den Klimawandel
in der Arktis angenommen. Die Bestände an Robben, Eisbären
und einigen
Vogelarten werden mit dem Eis stark zurückgehen, heißt es
darin. Einige
Arten seien vom Aussterben bedroht. »Für die Inuit«,
so Watt-Cloutier,
»bedeutet daher die globale Erwärmung eine erhebliche
Veränderung, wenn
nicht sogar das Ende ihrer auf Jagd und dem Teilen des Essens
basierenden Kultur.« Immer wieder nutzt daher die ICC gemeinsam
mit den
Organisationen der anderen arktischen Völker Gelegenheiten wie die
letzte UN-Klimakonferenz im Dezember 2004 in
Buenos Aires oder die Jahrestagung des Arktischen Rates im Mai 2005 in
Kopenhagen, um die Staaten zu drängen, mehr für den Klimaschutz zu unternehmen. Bisher vergeblich.
Streit ums Öl
Doch während sich die Inuit um ihre Zukunft sorgen, warten andere
nur
darauf, daß das Eis verschwindet. Seewege durch den arktischen
Ozean
könnten die Transportzeiten zwischen den alten Zentren der
Weltwirtschaft am Atlantik und den neuen am Westpazifik erheblich
verkürzen. Zahlreiche Expeditionen waren im 19. Jahrhundert auf
der
Suche nach der Nord-West-Passage nördlich von Amerika tragisch
gescheitert. Nun könnte der Klimawandel
diesen Seeweg demnächst öffnen. Das gleiche gilt für die
Nord-Ost-Passage entlang der russischen Küste, die sogar schon
früher
passierbar sein könnte.
Neben den Reedereien könnten die großen Ölkonzerne
Norwegens, Rußlands und der USA zu den Profiteuren des Klimawandels
im hohen Norden gehören. Schon jetzt werden in Nordsibirien und
Alaska
Erdöl und -gas gefördert. Doch die Vorkommen unterm
Meeresboden sind
aufgrund des Eisgangs weitgehend unzugänglich. Das wird sich, wenn
nicht noch ein Wunder geschieht, in den nächsten Jahrzehnten
ändern.
Immerhin vermutet der US Geological Survey dort ein Viertel aller
bisher weltweit unentdeckten Reserven.
Angesichts dessen flammen alte Grenzstreitigkeiten, von denen es in der
Region gleich eine ganze Reihe gibt, wieder auf. Nach internationalem
Recht kann jeder Staat vor seinen Küsten einen 200 Seemeilen
breiten
Streifen als ausschließliche Wirtschaftszone beanspruchen. Am
liebsten
würden sich die Anrainerstaaten allerdings gleich die ganze
Nordpolarmeerregion untereinander aufteilen. Dazu hätten sie die
Möglichkeit, da der arktische Ozean nahezu vom Land eingeschlossen
ist.
Doch zum Glück für den Rest der Menschheit verhindern
gegenseitige
Rivalitäten derzeit noch die Einigung auf ein Teilungsverfahren.
Das
wundert nicht weiter, denn bisher konnte man nicht einmal seine
200-Seemeilen-Zonen, die sich an vielen Punkten überlappen,
gegeneinander abgrenzen. Rußland streitet sich mit Norwegen in
der
Barentssee, östlich von Spitzbergen, und mit den USA in der
Beringsee.
Über den dortigen Grenzverlauf war 1990 ein Abkommen
unterschrieben
worden, aber die Duma, das russische Parlament, verweigert bislang
dessen Ratifizierung. Die USA rangeln ihrerseits mit Kanada um den
Verlauf der Grenze in der Beaufortsee nördlich von Alaska.
Außerdem
erkennen die USA nicht die kanadische Souveränität über
die
Nord-West-Passage an und haben, um dies zu unterstreichen, in der
Vergangenheit wiederholt unangekündigt Kriegsschiffe dorthin
geschickt.
Inzwischen hat man sich immerhin darauf verständigt, daß die
USA Kanada
über entsprechende Fahrten vorab informieren, Ottawa diese aber
nicht
untersagen kann. Kanada streitet sich wiederum mit Dänemark um ein
winziges Eiland von etwa 100 Metern Durchmesser, die Hans-Insel, die
zwischen der kanadischen Ellesmere-Insel und dem dänischen
Grönland
liegt. Mal errichten kanadische Expeditionen Fahnenmaste, mal lassen
die Dänen ihre Nationalflagge, den Danebrog, von den arktischen
Stürmen
zerzausen. Im Rahmen der internationalen Seerechtskonvention gibt es
für Konflikte dieser Art immerhin einen Schlichtungsmechanismus,
so daß
man nicht unbedingt in die Kanonenbootpolitik der Kolonialzeit
zurückfallen muß. Die USA haben allerdings die Konvention
bisher nicht
ratifiziert.
Wie auch immer die diversen Grenzstreitigkeiten gelöst werden:
Schiffahrt, Bohrinseln und Pipelines werden die Ökosysteme und die
Bewohner der Arktis zusätzlich bedrohen. Zumal die Erfahrungen der
Vergangenheit nicht erwarten lassen, daß man besonders
rücksichtsvoll
vorgehen wird. In Alaska gibt es zum Beispiel bereits seit
längerem
einen langwierigen Streit um neue Bohrungen in einem Naturschutzgebiet.
US-Präsident George W. Bush hat sich auch in dieser Frage als
treuer
Gefolgsmann der Ölindustrie erwiesen und das Projekt nach
Kräften
gefördert.
Nilpferde in der Donau
Die Frage ist allerdings, wie lange die Herren des großen
Öls so
weitermachen können wie bisher. Denn sollte das Meereis
tatsächlich im
arktischen Sommer ganz verschwinden, dann wird der Klimawandel
auf der Nordhalbkugel noch drastischer ausfallen, als in den
Worst-case-Szenarien der Klimaforscher
beschrieben. Arktis und Antarktis fungieren bisher als die
Kältemaschine des Klimasystems.
Obwohl die Polregionen aufgrund der Schräglage der Erdachse im
Sommer
mehr Sonnenenergie abbekommen als die mittleren Breiten, reflektieren
sie diese überwiegend zurück ins All. Ohne die weißen
Polkappen würde
das Klimasystem der Erde also wesentlich
mehr Energie aufnehmen. Erschwerend kommt hinzu, daß die
Permafrostböden Sibiriens und Nordamerikas sich in große
Sümpfe
verwandeln, sobald sie auftauen. Die Folge wäre, daß
große zusätzliche
Mengen der Treibhausgase Kohlendioxid und Methan in die Atmosphäre
gelangen.
Im Endergebnis würde die Erde zu einem Zustand zurückkehren,
wie er
mehr als zwei Dutzend Millionen Jahre hindurch geherrscht hatte, bevor
das Nordpolarmeer zufror: Die eisbedeckte Antarktis sorgt auf der
Südhalbkugel für ein mehr oder weniger gemäßigtes Klima,
das sich vom heutigen kaum unterscheidet, während auf der
Nordhalbkugel
die Subtropen bis weit in den Norden reichen. Vielleicht könnten
unsere
Nachfahren dann auf Nilpferden in der Donau reiten und im Spreewald
Krokodilfarmen unterhalten. Zuvor würden aber sicherlich
Hungerkatstrophen biblischen Ausmaßes und dramatische
Wirtschaftskrisen
die menschliche Zivilisation in ihren Grundfesten erschüttern.
***
Stichwort: Meeresspiegel
Entgegen der landläufigen Meinung wird der Meeresspiegel nicht
ansteigen, wenn das Meereis der Arktis schmilzt. Dieses befindet sich
im Schwimmgleichgewicht und verdrängt ebensoviel Wasser, wie es
selbst
eingefroren hat. Der von den Klimatologen
prognostizierte Meeresspiegelanstieg um bis zu 80 Zentimeter bis zum
Ende des Jahrhunderts geht nahezu ausschließlich auf die
Ausdehnung des
Wassers aufgrund seiner Erwärmung zurück. Ganz anders
würde es
aussehen, wenn die großen Inlandgletscher Grönlands und der
Antarktis
abschmelzen. Dann würde der Meeresspiegel um etliche Dutzend Meter
steigen. Doch diese Gefahr besteht in diesem Jahrhundert nicht, wird
aber mit zunehmender Erwärmung für kommende Generationen
wahrscheinlicher.
Stichwort: Welternährung
Die Gewässer der Arktis und der Antarktis gehören neben den
tropischen
Korallenriffen zu den produktivsten Teilen der Weltmeere. Trotz der
niedrigen Wassertemperaturen sind sie dichter als die meisten anderen
von Organismen aller Art besiedelt. Daher wird das Verschwinden des
ganzjährigen Meereises auf dem Nordpolarmeer mit Sicherheit auch
weitreichende Konsequenzen für die Welternährung haben, zumal
viele
Fischbestände in Atlantik und Pazifik schon jetzt wegen Raubbau
gefährdet sind. Die polaren Gewässer sind unter anderem auch
Rückzugsgebiete für die großen Meeressäuger, in
denen ihnen der Mensch
bisher kaum nachstellen kann. Victor Smetacek vom
Alfred-Wegener-Institut für Polar- und Meeresforschung in
Bremerhaven
und Stephen Nicol von der tasmanischen Universität in Hobart,
Australien, meinen gar, daß Wale und Robben erst den Reichtum an
Fischen in der Arktis und an Kleinkrebsen in der Antarktis schaffen
könnten. In einem unlängst im naturwissenschaftlichen
Fachblatt Nature
erschienenen Beitrag ziehen sie den Vergleich zu afrikanischen
Binnengewässern, deren Fischreichtum zweifelsfrei auf die
Flußpferde
zurückzuführen sei. Ähnlich könnten auch die Wale
ihren Lebensraum
prägen.
Diese Ökosysteme werden nicht nur durch den Rückgang des
Eises aus dem
Gleichgewicht gebracht. Auch von anderer Seite droht Gefahr. Die
Weltmeere werden zunehmend saurer, so daß verschiedene
Krustentiere,
die wichtige Glieder in den Nahrungsketten bilden, in den nächsten
Jahrzehnten aussterben werden. Schuld ist das Kohlendioxid, das
zugleich das wichtigste Treibhausgas ist. Ein knappes Drittel dieses
Gases, das wir täglich durch das Verbrennen von
Erdölprodukten, Kohle
und Erdgas sowie durch die Abholzung der Wälder in die
Atmosphäre
entlassen, wird von den Ozeanen aufgenommen. Dadurch mildert sich zwar
der Treibhauseffekt, doch reagiert Kohlendioxid mit dem Meerwasser zu
einer Säure, die die Kalkgehäuse der Tiere angreift. In den
Polargebieten läuft dieser Prozeß am schnellsten ab und wird
dort
bereits in 50 bis 100 Jahren zu einem Verschwinden wichtiger
Meeresorganismen führen, viel früher als bisher angenommen.
Bedroht
sind vor allem Seegurken, Kaltwasserkorallen und im Wasser schwebende
Flügelschnecken. Da diese Tiere eine wichtige Nahrungsquelle
für andere
Lebewesen von Krebsen über Lachse bis zu Walen darstellen, sind
schwerwiegende Auswirkungen auf das gesamte polare Ökosystem zu
befürchten.