Bis zu 100000 Menschen aus aller Welt haben am Samstag in
Kopenhagen für effektiven Schutz des globalen Klimas
demonstriert. Anlaß war der noch bis zum Freitag dieser Woche
tagende UN-Klimagipfel. Auch in anderen Ländern gab es
angesichts der stockenden Verhandlungen Proteste, die
größten in Australien. In Sydney, Melbourne, Canberra,
Darwin, Adelaide, Perth, Hobart und Brisbane gingen nach
Agenturangaben insgesamt 50000 Menschen auf die Straße. Der
Radiosender ABC berichtet auf seiner Internetseite sogar von 90000
Teilnehmern allein in der Hauptstadt Canberra und 40000 in
Melbourne.
Am Rande der Kopenhagener Großemonstration kam es zu
Auseinandersetzungen zwischen einigen militanten
Klimaschützern und der Polizei. Diese hatte allerdings schon
im Vorfeld Dutzende Personen »vorbeugend« festgenommen.
Auch in Dänemark können Beamte inzwischen ohne konkreten
Vorwurf potentielle Demonstranten für bis zu zwölf
Stunden festsetzen. Insgesamt wurden am Samstag fast 1000 Menschen
festgenommen. Ein erheblicher Teil von ihnen wurde ab 15.30 Uhr auf
offener Straße eingekesselt. Mehrere hundert mußten
stundenlang bei Temperaturen von knapp über null Grad
ausharren. Zudem wurden sie auch noch gezwungen, sich mit auf den
Rücken gefesselten Händen auf den Boden zu setzen. Nach
Angaben des Klima-Justice-Netzwerks wurde ihnen bis in die
Abendstunden hinein der Zugang zu Toiletten, Essen und Wasser
verweigert. Gegen 19.45 Uhr seien die ersten zusammengebrochen.
Schon ab 18 Uhr habe man Journalisten Zugang zu dem Gebiet
verweigert. Die Einkesselung habe weder im zeitlichen noch
räumlichen Zusammenhang mit den vorherigen
Zusammenstößen gestanden. Eine Polizeisprecherin
erklärte auf Mediennachfrage, 955 der insgesamt 968
Festgenommenen seien in der Nacht zu Sonntag wieder
»entlassen« worden. Dafür wurde bei einer Aktion
am Sonntag 200 weitere Demonstranten festgesetzt.
Im dänischen Fernsehsender TV2 erklärte Helga Matthiassen
nach ihrer Freilassung am Samstag: »Natürlich sind wir
wütend – überall auf der Welt empören sich
Menschen darüber, daß sie von Regierungen belogen
werden. Denn diese machen aus den Klimaverhandlungen ein
Wirtschaftsabkommen. Wenn wir dagegen unseren Protest auf die
Straße tragen, werden wir willkürlich festgehalten.
(...) Uns wurde nicht nur unser Recht auf freie
Meinungsäußerung verwehrt, sondern mit dieser
aberwitzigen Polizeiaktion wurden auch unsere Menschenrechte
mißachtet. Es scheint so, als hätte die dänische
Polizei ein neues Motto: Warum Demonstranten nur kriminalisieren,
wenn wir sie auch entmenschlichen können?«
Aus Deutschland waren zirka 1500 Menschen zur Demonstration nach
Kopenhagen gefahren. In vielen Norddeutschen Städten wurden
Busse organisiert. Aus Niedersachsen fuhr ein Sonderzug. Die
Proteste sollen in dieser Woche, in der die Verhandlungen in ihre
heiße Phase treten, weitergehen. Am Dienstag wird es einen
Landwirtschaftsaktionstag geben, an dem die Bedrohung der
Welternährung durch den Klimawandel im Mittelpunkt steht.
Für Mittwoch planen die radikaleren Teile der Bewegung, auf
das Konferenzgelände vorzudringen und dort eine
»Versammlung der Völker« abzuhalten.
Die Themen Landwirtschaft und Ernährungssicherung spielten am
Sonntag auch auf dem Alternativgipfel eine zentrale Rolle, zu dem
sich einige tausend Aktivisten aus aller Welt im Zentrum
Kopenhagens versammelt haben. Die indische Publizistin,
Atomphysikerin, Feministin und Umweltschützerin Vandana Shiva
stellte ein Manifest gegen den Klimawandel vor. Auch die
kenianische Friedensnobelpreisträgerin Wangari Maathai sprach
zu den Versammelten. Mulu Alem Birhane, Bauer aus Äthiopien,
schilderte, wie zunehmend häufiger auftretende Dürren ihm
das Leben schwer und das Wirtschaften fast unmöglich machen.
Anna Filippini aus Uruguay berichtete, wie in ihrem Land und im
benachbarten Brasilien Eukalyptusplantagen Bauern und zum Teil die
eingesessene indigene Bevölkerung verdrängen, die Umwelt
schädigen und demnächst eventuell auch noch als
Klimaschutzmaßnahmen besonders gefördert werden
könnten.
Weitere Informationen im Internet:
–
www.klimagipfel2009.de
–
www.klimaforum09.dk
–
www.climate-justice-action.org