Fast hätte es geklappt; fast hätte Peter Harry
Carstensen sein Versprechen wahr machen und an die Erfolge Uwe
Barschels anknüpfen können. Das Wasser war bereits
eingelassen, die
Quietsche-Entchen lagen bereit, doch dann zog in Kiel der
Landeswahlleiter in letzter Minute den Stöpsel. Um Haaresbreite
verfehlten CDU und FDP im schleswig-holsteinischen Landtag den Wechsel
auf die Regierungsbänke.
Zweifellos ein Traumergebnis: Die SPD gehörig abgewatscht, der
besonders unverdiente grüne Höhenflug ausgebremst, und doch
den
ästhetisch-intellektuellen Super-GAU vermieden. Carstensen, dem
sympathischen Li-La-Launebär mit reaktionärem Programm und
einem
Schattenkabinett, das eine Beleidigung für jeden denkenden
Menschen
darstellte, wurde in letzter Sekunde die Tür vor der Nase
zugeschlagen.
38 Jahre hatte einst seine Partei, die man aufgrund personeller
Kontinuitäten bis in die 1980er Jahr mit einigem Recht eine
Nachfolgeorganisation der NSDAP nennen konnte, das Land zwischen den
Meeren wie ihren Privatbesitz regiert. Nun wurde sie für weitere
fünf
Jahre davon abgehalten, diese Traditionen zu erneuern.
Gut möglich übrigens, daß in den kräftigen
Zuwächsen für die CDU auch
eine der Erklärungen für das erfreulich schlechte Abschneiden
der NPD
zu suchen ist. In Schleswig-Holstein konnte ihre bundesweite
Erfolgsserie frühzeitig abgebrochen werden, sicherlich auch das
Ergebnis einer ganz ungewöhnlich intensiven, breiten und nicht
zuletzt
unter Schülern gut verankerten antifaschistischen Mobilisierung,
wie
man sie dem verschlafenen Ländchen gar nicht zugetraut hätte.
Unterdessen stimmen auch die Details des schleswig-holsteinischen
Wahlergebnisses: Die PDS halbierte mehr oder weniger ihre Stimmen auf
niedrigem Niveau. Schwer zu sagen, ob das am örtlichen Personal
von zum
Teil christdemokratischer Qualität oder eher daran lag, daß
die Kunde
über Berliner und Schweriner Zustände nun auch in den letzten
Winkel
der Republik gedrungen ist.
Von besonderem bundespolitischen Interesse ist ein anderes Detail der
Schleswig-Holstein-Wahl: Die SPD hat nicht nur auf dem Land, sondern
auch überdurchschnittlich in den Armutsbezirken der Städte
verloren.
Das läßt darauf schließen, daß dort ein
erhebliches Potential für die
Wahlalternative »Arbeit und Soziale Gerechtigkeit« liegt.
Die Aussichten stehen somit nicht allzu schlecht, daß diese neue
Partei
schon bald in NRW die Verhältnisse zum Tanzen bringen könnte.
Vorausgesetzt natürlich, man zeigt soviel Rückgrat wie die
Partei der
dänischen Minderheit, der SSW, und legt sich nicht gleich ins
nächstbeste Koalitionsbett.