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26.05.2006 / Ansichten / Seite 8

»Es geht nicht darum, etwas vom Kuchen abzubekommen«

Afrika-Verein organisiert auch in der Demokratischen Republik Kongo Kontakte für die deutsche Wirtschaft. Ein Gespräch mit Roman Nico Marfels

* Roman Nico Marfels ist stellvertretender Referent für West- und Zentralafrika beim Afrika-Verein in Hamburg

F: Der Afrika-Verein ist der zentrale Ansprechpartner für die deutsche Wirtschaft, wenn es um Kontakte in Afrika geht. Sind Sie auch in der Demokratischen Republik Kongo tätig?

Ja, wir haben Anfang April eine Delegationsreise organisiert. In Kinshasa haben wir mit Behörden, Parteien und Vertretern der örtlichen Wirtschaft gesprochen.

F: Um welche Branchen ging es?

In der Delegation war hauptsächlich deutscher Mittelstand aus ganz verschiedenen Sektoren vertreten. Zum Beispiel war das Logistikunternehmen Helog dabei, das derzeit Hilfslieferungen für die UNO im Sudan organisiert und nun daran interessiert ist, Wahlurnen per Hubschrauber in abgelegene Dörfer zu transportieren. Des weiteren waren verschiedene Bauunternehmen und Ingenieur-Büros vertreten. Und schließlich war auch das Asset-Management der Commerzbank dabei, wo Vermögen von Regierungen verwaltet werden.

F: Der Kupferpreis schraubt sich in immer phantastischere Höhen. Beflügelt das auch bei deutschen Unternehmern das Interesse, sich am Abbau der kongolesischen Lagerstätten zu beteiligen?

Die Konzessionen sind im wesentlichen aufgeteilt. In der Kupferprovinz Katanga im Südwesten sind vor allem südafrikanische und kanadische Unternehmen aktiv, nicht deutsche.

F: Deutsche Unternehmen wollen sich nichts vom Kuchen abschneiden?

Es geht nicht darum, etwas vom Kuchen abzubekommen, sondern den beginnenden Friedensprozeß in der Demokratischen Republik Kongo mit einem nachhaltigen wirtschaftlichen Engagement zu stärken. Was immer wieder in der deutschen Presse auftaucht, sind die Coltan-Minen im Osten des Landes. Die waren für die Kämpfe dort zwischen 1998 und 2003 der Motor, weil Coltan, bzw. die beiden Metalle Niob und Tantal, die es enthält, sehr hohe Preise erzielte. Das war ein Fluch für die dortige Region. Inzwischen ist die technische Entwicklung soweit fortgeschritten, daß man in den neueren Handys nur noch sehr geringe Mengen dieser Metalle braucht. Der Preis ist stark gefallen, und die Minen haben an Wichtigkeit verloren.

F: In diesem Zusammenhang hat sich der deutsche Unternehmer Karl-Heinz Albers, der eine Coltan-Mine betrieb, einen unrühmlichen Namen gemacht. Die Vereinten Nationen verdächtigen ihn, den kongolesischen Bürgerkrieg finanziert zu haben. Unterhielt der Afrika-Verein Kontakte zu Herrn Albers?

Nein, nie. Es gibt dort viele zwielichtige Geschäftsleute, die ihren Profit aus der Situation schlagen, aber der Afrika-Verein unterstützt sie in keiner Weise. Unser Ziel als Außenhandelsverband ist es, eine langfristige wirtschaftliche Zusammenarbeit verläßlicher deutscher Unternehmer mit afrikanischen Ländern zu koordinieren. Wir betreiben keine Lobbyarbeit in Kriegsökonomien.

F: Eine Expertenkommission der Weltbank hat vor einiger Zeit die Konzessionsverträge im Bergbau des Kongos unter die Lupe genommen und kam zu dem Ergebnis, daß für Staat und Bevölkerung so gut wie nichts von den traumhaften Profiten abfällt. Haben auch deutsche Unternehmen im Schatten des Bürgerkrieges derlei Lizenzen erworben?

So weit ich weiß, nicht. Aber die Problematik kennen wir natürlich. Man hat die Lizenzen irgendwelchen lokalen Warlords abgekauft, noch bevor diese die entsprechenden Gebiete überhaupt eingenommen hatten. Die Lizenzen wurden im Vorfeld bezahlt, finanzierten also die Aufrüstung und Eroberung der Bergbauregionen. Das war zum Teil eine üble Geschichte.

F: Was passiert nun, da der Bürgerkrieg vorbei ist, mit diesen Lizenzen?

Kommt drauf an. Die Regierung in Kinshasa hat nur begrenzten Einfluß. Vor Ort sind die Machtverhältnisse oft völlig ungeklärt. Die Unternehmen versuchen, ihre alten Verträge geltend zu machen, aber es gibt auch viele Fälle, in denen sich ausländische Unternehmen um die Konzessionen streiten und jeder irgendeinen Lizenz-Vertrag vorweisen kann. Die zu wählende Regierung sollte manche der bestehenden Lizenzen gegebenenfalls aufkündigen und unter fairen Bedingungen neu verhandeln. Die Einnahmen müssen dem Staat und der Zivilbevölkerung zugute kommen. Dies ist maßgeblich, um eine langfristige und friedliche Entwicklung in der DR Kongo zu gewährleisten.


Interview: Wolfgang Pomrehn