jW,
18.09.2006 / Ausland / Seite 8
»Wir fordern einen Untersuchungsausschuß«
Friedensaktivist von österreichischem
Konzern verklagt.
Illegaler
Abbau von Rohstoffen im Kongo soll vertuscht werden. Ein Gespräch
mit
Gerald Oberansmayr
* Gerald Oberansmayr ist Journalist und Mitarbeiter der Werkstatt
für Frieden und Solidarität in Linz
Der österreichische Konzern
Treibacher Industrie AG hat
Sie
vor den Kadi zitiert, weil Sie seine Rolle im Kongo kritisiert haben.
Worum geht es dabei?
In einem Zeitungskommentar habe ich nach Ansicht der Treibacher
Industrie AG unzulässig aus einem Gerichtsurteil zitiert. Ich
hatte dem
Unternehmen angeboten, dieses Zitat zurückzunehmen, wenn im
Widerruf
zugleich über die Beziehungen des Konzerns zu Personen und
Unternehmen,
die tief in die illegale Ausbeutung von Rohstoffen im Kongo verstrickt
sind, informiert wird. Doch das will die Treibacher offensichtlich
unbedingt vermeiden. Auf mein Angebot wurde mit einer Klage reagiert.
Dieser Prozeß könnte für mich Kosten von 240000 Euro
verursachen.
Wie sehen diese Verstrickungen aus?
Es gibt die Mine
Lueshe
im äußersten Osten der Demokratischen Republik Kongo, in der
das
Mineral Pyrochlor abgebaut wird. Aus dem werden die strategisch
wichtigen Metalle Niob und Tantal gewonnen, die im Bereich der
Luftfahrtindustrie und der Raketentechnologie Anwendung finden. Die
Mine ist weltweit eines der wenigen bekannten Vorkommen von Pyrochlor.
Ab 2000 wurde sie mehrere Jahre lang von einem gewissen Karl-Heinz
Albers betrieben. Dieser Mann wird in verschiedenen UNO-Berichten
beschuldigt, dort illegal tätig gewesen zu sein, und aus den
Einnahmen
der Mine den Bürgerkrieg finanziert zu haben. 300000 US-Dollar
monatlich sollen an Rebellengruppen als Schutzgeld abgezweigt worden
sein.
Was hat das mit der Treibacher Industrie AG zu tun?
Albers stand mit dem Konzern auf verschiedene Weise in Verbindung.
Erstens gab es eine gemeinsame Gesellschaft für die Erforschung
und den
Abbau von Rohstoffen in Zentralafrika. Albers war einer der Direktoren
dieser Gesellschaft, der andere Rainhard Iro, Vorstandsdirektor der
Treibacher Industrie AG. Zum zweiten hat die Treibacher Industrie AG im
Jahre 2000 eine Probe Pyrochlor aus
Lueshe
in ihrem Kärntner Werk untersucht. Man kam allerdings zu der
Meinung,
dies nicht in Österreich verarbeiten zu wollen. In der Folge hat
sich
der Konzern zu 25 Prozent an der estnischen Firma Silmet beteiligt, mit
einer Option auf weitere 25 Prozent plus einer Aktie. An dieses
Unternehmen wurde von Albers nachweislich jahrelang tonnenweise
Pyrochlor aus
Lueshe geliefert.
Ein
anderer, ganz aktueller Aspekt ist, daß sich die Bayer AG von
ihrer
Tochter HC Stark trennen will, die von Menschenrechtsorganisationen
beschuldigt wird, von Albers illegal Rohstoffe aus dem Kongo bezogen zu
haben; die Treibacher AG bemüht sich derzeit um den Erwerb dieses
Unternehmens.
Es gibt Gerüchte, die besagen, Karl-Heinz Albers sei
durch die Regierung der BRD protegiert worden. Was ist über die
deutsche Beteiligung an den Aktivitäten des Treibacher Konzerns
bekannt?
Die Treibacher AG gehört seit 2000 einem gewissen August von
Finck,
alter deutscher Adel und Multimilliardär, laut Forbes die Nummer
70 auf
der Liste der weltweit reichsten Personen. In den 1990er Jahren fiel er
dadurch auf, daß er politische Gruppen am rechten Rand mit
Millionenbeträgen finanzierte. Zum Beispiel hat er seinerzeit
versucht,
Manfred Brunner, den ehemaligen Vorsitzenden des Bundes freier
Bürger,
zu einer Art deutschen Haider aufzubauen.
Was
den Kongo angeht, so ist bekannt, daß die von Albers für den
Abbau
benutzte Firma Somikivu in den treuhänderischen Besitz der
Bundesrepublik Deutschland übergegangen ist. Vorbesitzer war die
Gesellschaft für Elektrometallurgie, deren Engagement durch eine
Hermes-Bürgschaft abgesichert war. Diese hat sie sich von der
deutschen
Regierung auszahlen lassen, wodurch Somikivu in deren Besitz
überging.
Es gibt also eine Reihe von Indizien, daß Karl-Heinz-Albers
zumindest
mit Duldung der Regierung in Berlin agierte.
Wie geht es in Österreich nun in der Sache Treibacher AG weiter?
Wir fordern einen parlamentarischen Untersuchungsausschuß, der
sich mit
der Verquickung österreichischer Firmen in den illegalen
Rohstoffabbau
im Kongo beschäftigt. Bisher gibt es zwei Reaktionen. Die
Österreichische Volkspartei lehnt ab. Die Grünen wollen sich
für einen
solchen Ausschuß einsetzen. Die anderen Parteien haben noch nicht
reagiert.
Interview: Wolfgang Pomrehn
Nähere Infos:
www.werkstatt.or.at