home
jW, 22.05.2006 / Ausland / Seite 9

Reiches Land, armes Land

Die Demokratische Republik Kongo ist reich an Kupfer, Coltan, Kobalt und anderen Bodenschätzen. Das weckt Begehrlichkeiten

Wolfgang Pomrehn

Es gibt vergleichende Untersuchungen von Erdölförderländern, die erstaunliches zeigen: Oft erweist sich der Segen großer Vorkommen des schwarzen Goldes langfristig eher als Fluch für das betreffende Land. Die Gründe liegen nicht nur in der Schieflage, in die die jeweiligen Volkswirtschaften aufgrund eines Ölbooms geraten können, wenn nicht mit einer ausgefeilten Wirtschaftspolitik gegengesteuert wird. Mehr noch erweisen sich die Begehrlichkeiten, die der Reichtum weckt, als Verhängnis. Innere und äußere militärische Konflikte um die Verteilung der Einnahmen aus dem Ölgeschäft sind keine Seltenheit.

Krieg um Lagerstätten

Die Demokratischen Republik Kongo wäre ein hervorragendes Beispiel dafür, daß diese Regel auch für andere Rohstoffe gilt. Nur rund 100 US-Dollar pro Kopf der 53 Millionen Menschen zählenden Bevölkerung betrug im Jahre 2003 die Wirtschaftsleistung des Landes. Dabei ist das Riesenland im Herzen Afrikas mit mineralischen Rohstoffen aller Art gesegnet. Kupfer, das zur Zeit sagenhafte Rekordpreise erzielt, gibt es reichlich, Rohöl ebenso. Die Preisexplosion des Rohöls ist allgemein bekannt, aber diese ist nichts gegen die Entwicklung beim Kupfer. Im Dezember 2005 hatte es längst einen historischen Höchststand erreicht und wurde seit dem noch einmal fast doppelt so teuer. Derzeit bewegt sich der Preis auf 9000 US-Dollar pro Tonne zu. Der Grund: Die weltweiten Förderkapazitäten können kaum die hohe Nachfrage decken, was unter anderem eine Folge der Industrialisierung Chinas und Indiens ist. Entsprechend treten sich im Südwesten des Kongos, in der Provinz Katanga, europäische und nordamerikanische Bergbaukonzerne gegenseitig auf die Füße, um die reichlichen, zum Teil noch unerschlossenen Vorkommen auszubeuten.

Aber damit ist die Liste der kongolesischen Reichtümer noch keinesfalls vollständig. Hinzu kommen Gold – derzeit ebenfalls dabei, alle Preisrekorde zu brechen – Diamanten und natürlich das seltene Coltan, ein Erz, aus dem das für die Herstellung von Handys, Laptops und andere Erzeugnisse der Mikroelektronik unverzichtbare Metall Tantal gewonnen wird. Auf dem Höhepunkt der New-Economy-Hysterie im Dezember 2000 war die Nachfrage nach Tantal so stark, daß sein Preis den von Silber überstieg. Inzwischen sind dies Höhenflüge passé, aber Coltan ist noch immer ein profitables Geschäft. Seine Lagerstätten im Ostkongo an der Grenze zu Ruanda gehören zu den weltweit ergiebigsten. Der Kampf um ihre Kontrolle waren vor einigen Jahren einer der Gründe des Krieges zwischen Ruanda und dem Kongo. Später hat Ruanda in dieser Region die kongolesische Rebellengruppe RCD (Rassemblement Congolaise pour la Démocratie) unterstützt, auf deren Konto zahlreiche Massaker und andere Menschenrechtsverletzungen gehen.

Nach Recherche des regierungskritischen Internetmagazins German Foreign Policy soll auch die alte Bundesregierung indirekt mit der RCD zusammengearbeitet haben. Seit 1994 besitzt die Bundesrepublik Ansprüche an der Coltan-Mine Lueshe, die eine der beiden weltweit ertragreichsten sein soll. Neben Tantal wird dort auch das chemisch eng verwandte Niob gewonnen, das wegen seiner Hitzebeständigkeit für Gasturbinen und Raketen benötigt wird. Die Mine Lueshe wurde von einer Gesellschaft namens Somikivu ausgebeutet, deren deutsche Eigner die Förderung 1994 während des beginnenden Bürgerkrieges zunächst einstellten. Die damalige Bundesregierung soll daraufhin eine Entschädigung gezahlt und im Gegenzug Rechte an der Mine erworben haben. Der Mittelsmann der Bundesregierung Karl-Heinz Albers verweigerte der Regierung in Kinshasa Steuer- und Lizenzgelder und arbeitete mit der RCD zusammen. Diese hat ihren Bürgerkrieg unter anderem durch die Ausbeutung der Coltan-Lagerstätte finanziert. Eine ehemalige deutsche Botschafterin soll nach den Angaben des Internetmagazins mit Wissen des Auswärtigen Amtes als Aufsichtsrätin in einer von Albers Firmen tätig gewesen sein. Albers wurde nach Ende des Bürgerkrieges Anfang 2004 aufgrund seiner illegalen Geschäfte von der Regierung in Kinshasa verhaftet, kam aber nach Intervention der deutschen Botschaft wieder frei. In einem UN-Bericht über die Lage im Kongo wurde die Bundesregierung dafür ausdrücklich kritisiert.

Deutsche spät dran

Unterdessen hat auch der Run auf Kongos Kupfervorkommen begonnen. Mit Unterstützung der Weltbank wurde in den letzten Jahren der staatliche Minenkonzern Gécamines zerlegt. Fast sämtliche Förderlizenzen sind inzwischen an ausländische Unternehmen vergeben worden, und verschiedene Nichtregierungsorganisationen kritisieren die Einseitigkeit der Verträge. Die Übergangsregierung hat Abmachungen mit Minenkonzernen unterschrieben, bei denen der Fiskus in Kinshasa praktisch leer ausgeht. Deutsche Unternehmen sind bisher in Katanga nicht recht zum Zuge gekommen. Mag sein, daß mancher sich von der militärischen Präsenz im Kongo für hiesige Konzerne bessere Chancen bei der Vergabe von Förderlizenzen in der Kupferprovinz erhofft.