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jW, 
18.04.2006 / Ansichten / Seite 2

»Es geht um die Ausplünderung des Kongo«

Aufbauprogramm der Weltbank von Interessen internationaler Holz- und Bergbaukonzerne bestimmt. Ein Gespräch mit Knud Vöcking

* Knud Vöcking ist Weltbank-Referent der deutschen Umwelt- und Menschenrechtsorganisation Urgewald


F: Nichtregierungsorganisationen aus aller Welt wollen bei ihren Protesten gegen die diesjährige Jahrestagung der Weltbank und des Internationalen Währungsfonds (IWF) am kommenden Wochenende in Washington die Situation in der Demokratischen Republik Kongo zu einem zentralen Thema machen. Weshalb?


Weil die Weltbank ein großes Programm zum Wiederaufbau des Kongo aufgelegt hat. Offiziell heißt es, daß damit dem Land bei die Überwindung der Folgen des Bürgerkriegs geholfen werden soll, aber wir haben den Eindruck, daß es eher um die Ausplünderung des Landes geht.


Beispiel Forstwirtschaft: Nach Lesart der Weltbank geht es um die Beendigung des illegalen Holzeinschlags. Nun wird also ein neues Forstgesetz mit einem neuen Lizenzierungssystem eingeführt. Das gleiche wird auch im Bergbau gemacht.


F: Das heißt, die Weltbankexperten schreiben für den Kongo diese Gesetze, oder wie muß man das verstehen?


Nicht ganz: Sie beraten, und zwar so, daß Regierung und Parlament schlecht nein sagen können.


F: Und was kommt dabei heraus?


Im Rahmen des Forstprogramms werden zum Beispiel die riesigen Waldgebiete des Kongobeckens per Satellit kartiert. Auf dieser Grundlage vergibt die Regierung dann Lizenzen zum Holzeinschlag. Was man aus der Satellitenperspektive natürlich nicht sehen kann ist, daß in den Wäldern mehrere hunderttausend Pygmäen leben, die sich als Nomaden oder Halbnomaden vom Wald ernähren. So kann es passieren, daß deren Lebensraum zur Abholzung durch Firmen wie das deutschen Unternehmen Danzer freigegeben wird.


Danzer ist eines der größten Unternehmen der Branche und im ganzen Kongobecken tätig. Sie behaupten natürlich, daß bei ihnen alles nachhaltig sei, aber früher hat das Unternehmen auch Kahlschlag betrieben. Zur Zeit des Bürgerkrieges haben sich Holzfirmen mit reichlich Bestechungsgeldern Lizenzen besorgt und sich dann beim Einschlag meist wenig um die Landrechte und Interessen der örtlichen Bevölkerung gekümmert.


F: Britische NGOs berichten, daß sich die Bundesregierung sehr für das Zustandekommen dieser Politik engagiert hat.


Ja. Deutschland hat erheblichen Druck in der Weltbank ausgeübt, damit diese sogenannten Wiederaufbauprogramme durchgeführt werden. Hintergrund sind nicht nur die Interessen im Forstsektor, sondern auch im Bergbau, wo deutsche Unternehmen vor allem vom Verkauf der entsprechenden Ausrüstung profitieren wollen.


F: Sie erwähnten die Lizenzen, die sich Danzer für das Abholzen des Urwaldes besorgt hat. Wurden die von den Bürgerkriegsparteien ausgestellt?


Die Demokratische Republik Kongo ist auch heute noch in verschiedene Zonen eingeteilt. Der Südwesten wird von Präsident Kabila kontrolliert, währen es im Norden und Osten in den Bergbauregionen Gebiete von anderen Bürgerkriegsparteien gibt, die heute in der Übergangsregierung mit Vizepräsidenten vertreten sind. Im Prinzip sind das Warlord-Regimes, die sich während des Krieges durch Holz- und Bergbaulizenzen sowie Diamantenschmuggel bereichert haben.


F: Das heißt, die ausländischen Lizenznehmer haben den Bürgerkrieg finanziert?


Ja. Das war eine Kriegsökonomie, die nur dazu diente, mit vorgehaltenem Gewehr möglichst viel Geld auf irgendwelche Schweizer Konten zu schaufeln.


F: Und nun werden diese Zustände von der Weltbank in einen legalen Rahmen gegossen?


So kann man das sehen. Eine Parlamentskommission hat die unter der Übergangsregierung abgeschlossenen Konzessionsverträge untersucht und ist, wie übrigens auch die Berater der Weltbank, zu dem Schluß gekommen, daß diese neuen Verträge zu allem möglichen dienen, aber sicherlich nicht dazu, die Kassen des Staates zu füllen oder gar die Armut zu bekämpfen. Die Empfehlung war daher, die Verträge zu annullieren und die Konzessionen neu auszuschreiben. Das Gegenteil ist passiert: Die staatliche Minengesellschaft Gecamines wurde zerlegt und ist nur noch eine Finanzholding. Alle Minenverträge sind noch vor den Wahlen an private Unternehmen vergeben worden. Auf Anraten der Weltbank.


Interview: Wolfgang Pomrehn


www.urgewald.de