Die Windenergie boomt weltweit wie kaum ein anderer Wirtschaftszweig.
Das geht aus einem Jahresbericht hervor, den kürzlich die
Umweltorganisation Greenpeace und der »Global Wind Energy
Council«,
eine internationale Lobby-Organisation der Branche, veröffentlicht
haben. 1995 waren weltweit erst 4,8 Gigawatt (GW) elektrische Leistung
installiert, zehn Jahre später sind es bereits 59 GW. Das
entspricht
der Leistung von rund 50 Atomkraftwerken vom Typ Biblis A. Die
tatsächliche Energieausbeute ist bei Windrädern allerdings
niedriger
als bei Kraftwerken mit der gleichen Nennleistung, da diese rund um die
Uhr betrieben werden können, während Wind je nach Region mehr
oder
weniger variabel weht. Dennoch wird mit 26,5 Terawattstunden (TWh)
–
das entspricht 26,5 Milliarden Kilowattstunden (kWh) – in
Deutschland
inzwischen rund 5,5 Prozent des Strombedarfs aus Wind gedeckt.
Internationaler Spitzenreiter ist Dänemark mit 20 Prozent. Auch
Spanien
hat mit 8,25 Prozent Bedarfsdeckung Deutschland bereits
überrundet. Bis
2010 plant man dort, die installierte Leistung von jetzt zehn auf 20 GW
zu verdoppeln.
Rekordjahr 2005
2005 war für die Windkraftbranche ein
Rekordjahr: In über 30 Ländern wurden Anlagen mit einer
Leistung von
11,53 GW installiert. Damit hat sich das Wachstum, das seit Ende der
1990er im zweistelligen Bereich liegt, noch einmal beschleunigt. Die
meisten Anlagen wurden in den USA gebaut, wo inzwischen nach Jahren der
Flaute wieder Förderprogramme aufgelegt werden. Meist allerdings
von
einzelnen Bundesstaaten, weil in Washington weiter Big Oil das Sagen
hat. Deutschland, lange Zeit der Spitzenreiter in der Errichtung neuer
Windräder, lag immer noch auf Platz zwei. Hierzulande wurde der
Höhepunkt der neuinstallierten Leistung bereits 2002 erreicht. Ein
neuer Boom ist in Deutschland erst zu erwarten, wenn in einigen Jahren
der Bau der Offshore-Windparks vor den Küsten von Nord- und Ostsee
beginnt.
Weltweit
wird aber das starke Wachstum noch viele Jahre anhalten, hoffen die
Autoren des Berichts. Schon die sehr gemäßigten Erwartungen
der
Internationalen Energieagentur (IEA), deren Herz nicht unbedingt
für
die erneuerbaren Energieträger schlägt, gehen dahin,
daß im Jahre 2030
fünf Prozent des globalen Bedarfs an elektrischer Energie aus Wind
gedeckt wird. Bereits das würde einen massiven Ausbau der
Kapazitäten
bedeuten. Bei Greenpeace und dem »Global Wind Energy
Council« hofft man
indes auf mehr. Bis 2030 könnten mit einer aktiven
Förderpolitik 15 bis
30 Prozent des weltweiten Strombedarfs mit Windrädern gedeckt
werden,
insbesondere wenn das Wachstum des Verbrauchs durch sparsameren Umgang
und effizientere Geräte gebremst wird. An einem Mangel an Wind
wird es
jedenfalls nicht liegen. Der Wissenschaftliche Beirat der
Bundesregierung für globale Umweltveränderungen schätzt
in einer Studie
das weltweite Potential der Windenergie auf 39000 Terawattstunden
(TWh). Das ist etwas mehr als die knapp 38000 TWh, die die IEA bei
ungebremstem Anstieg des Verbrauchs für das Jahr 2050 als den
Weltjahresbedarf an Strom prognostiziert.
China holt auf
Für die optimistischere Variante spricht auch die Entwicklung in
Asien. Dort sind gerade Indien und
China
dabei, ganz groß in das Geschäft mit dem Wind einzusteigen.
Noch hat
Indien die Nase mit über vier GW installierter Leistung vorn. 1,4
GW
wurden allein 2005 neu in Betrieb genommen. In der Volksrepublik setzt
man allerdings gerade zur Aufholjagd an. In den nächsten 15 Jahren
sollen dort umgerechnet rund 160 Milliarden Euro für erneuerbare
Energiequellen ausgegeben werden. Bis 2020 sind Windräder mit
einer
elektrischen Leistung von 30 GW geplant. Derzeit sind in
China
erst 1,3 GW installiert, doch in den nächsten Monaten sollen zwei
große
Windparks in der Inneren Mongolei und einer in der Provinz Hebei in der
Nähe Pekings in Bau gehen.
Unterdessen gibt es hierzulande aus
den Reihen der Energiewirtschaft weiter hinhaltenden Widerstand gegen
die saubere Energie. In Schleswig-Holstein kann seit 1999 ein Teil der
Kapazitäten nicht mehr genutzt werden. Netzbetreiber E.on schaltet
Windräder ab, sobald der Wind besonders stark bläst. Die
Leitungen
seien überlastet, so die Begründung bei E.on. Rund sieben
Prozent der
potentiellen Jahresleistung fällt dadurch aus. Das Nachsehen haben
die
Windmüller, denen Einnahmen in Millionenhöhe entgehen. Sie
werfen dem
Energiekonzern vor, nicht rechtzeitig für ausreichende Leitungen
gesorgt zu haben. Erst Ende 2005 hat E.on mit den Planungen für
eine
neue Freiluftleitung in Nordfriesland begonnen, die Entlastung bringen
soll. Bis die genehmigt und gebaut ist, werden vier weitere Jahre
vergangen sein.
www.gwec.net